Nachdenklich -sehr sogar

Als Autistin durch das Leben zu gehen ist eigentlich was schönes…nicht immer, aber oft. Ich hab wunderbare Freunde, meine Familie ist am verarbeiten und findet sich neu zusammen. Mein Job…naja zu irgendwas ist der auch noch gut.

Und doch…ist es irgendwie ein Versteckspiel.

Du hast eigentlich als spätdiagnostizierter Autist nur zwei Möglichkeiten:

  1. Es bleibt dein Geheimnis, nur der engste Kreis weiß davon, aber sonst nicht son viele. Denn sich auten, scheinbar aus dem Nichts anders sein, kann sehr schräge Reaktionen bis hin zu Hass und Diskriminierung nach sich ziehen. Deswegen sind viele von uns auch anonym im Internet unterwegs, damit einen keiner finden kann und man dadurch vielleicht selbst oder auch seine Kinder Nachteile erfährt.
  2. Man geht mit Name und Gesicht an die Öffentlichkeit. Und damit meine ich Familie, Freunde, Arbeit und evtl auch im Internet, wenn man denn ausreichend zu sagen hat und gehört werden will.

Ich wurde schon einige Male gefragt, ob ich nicht Vorträge halten möchte, beraten möchte…abgesehen davon, dass mein Selbstbewußtsein noch im Eck sitzt und sag: „Äh, kann ich das überhaupt?“ würde es auch heißen in einer Gegend, in der man entweder „unterm Radar fliegt“ oder zum Tagesgespräch wird eventuell zum Tagesgespräch zu werden. Und da ich ja nicht allein lebe zieht so ein Schritt nach außen immer auch meine Familie mit.

Aber in was für einer Welt leben wir eigentlich, dass ein Mensch, der zufällig mit Autismus geboren wurde, 39 Jahre lang nichts davon wußte und unter dem Nichtwissen sehr gelitten hat, überlegen muss, ob er zu sich selbst stehen kann und darf und sein Wissen und seine Fähigkeiten zur Aufklärung und Beratung nutzen darf? Ist die Welt da draußen tatsächlich so schlimm oder ist die eigene Angst vor den Reaktionen die schlimmere?

Eigentlich weiß man es nur, wenn man den Schritt wagt und mit dem schlimmsten rechnet. Denn ganz ehrlich, ich bin niemand anders, nur weil mein Anders sein eben Autismus heißt, aber ich bin wer anderes, wenn ich mich verstecke.

Ich weiß nicht, wie es weitergeht, ob ich tatsächlich Angebote annehme und so auch im Real Life sichtbar werde oder ob es beim Internet bleibt. Aber ich weiß eins:

Ich bin ich! und das lass ich mir auch nicht mehr nehmen!

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